Bildung ist der wichtigste Rohstoff der Schweiz. Die Sistierung der Verhandlungen über die Schweizer Teilnahme an Erasmus+ ist das falsche Signal. Hier finden Sie den Text meiner Interpellation an den Bundesrat zu diesem Thema:

Kürzlich erschienenen Medienberichten ist zu entnehmen, dass der Bundesrat keine Vollmitgliedschaft im Programm „Erasmus+“ mehr anstrebt und stattdessen die derzeit bestehende Übergangslösung bis Ende 2020 weiterführen will. Diese überraschende Kehrtwende steht im Gegensatz zu dem noch im September 2016 bekräftigten strategischen Ziel der vollständigen Assoziierung an „Erasmus+“. Im Hinblick auf die zukünftige Beteiligung der Schweiz an den europäischen Bildungs- und Austauschprogrammen wirft sie verschiedene Fragen auf.

Obschon die 2014 eingerichtete Übergangslösung eine gewisse Kontinuität der Mobilitätsaktivitäten von Schweizer Institutionen mit den Programmländern von „Erasmus+“ gewährleistet, sind die negativen Konsequenzen dieser Situation hinreichend bekannt. Dazu gehören der administrative Mehraufwand für die Hochschulen und eine geringere Auswahl an Partneruniversitäten für Schweizer Studierende. Da die Übergangslösung hauptsächlich die individuelle Mobilität betrifft, sind die Beteiligungsmöglichkeiten an Kooperationsprojekten deutlich eingeschränkt. Schliesslich besteht die Frage, ob neben der tertiären Stufe auch den Anliegen anderer Zielgruppen ausreichend Rechnung getragen wird.

Aus bildungspolitischer Sicht stellt die Verlängerung der Übergangslösung ein fragwürdiges Signal dar. Die Leistungsfähigkeit des Schweizer Bildungssystems auf allen Stufen beruht insbesondere auf seiner internationalen Ausrichtung und an der kultur- und sprachübergreifenden Zusammenarbeit. Da Kooperationen stets langfristig aufgebaut werden, ist eine mehrjährige Warteschlaufe für „Erasmus+“ im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Bildungs- und Innovationsstandort Schweiz bestimmt nicht wünschenswert.

Aus diesem Grund ersuche ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Bestätigt der Bundesrat die Medienberichte, wonach das Ziel einer Teilnahme am Programm „Erasmus+“ derzeit nicht mehr weiterverfolgt wird?
  2. Auf der Grundlage welcher Gesamtbeurteilung kam der Bundesrat zum Schluss, die Verhandlungen mit der EU über eine Vollassoziierung an „Erasmus+“ nicht wieder aufzunehmen?
  3. Inwiefern wurden dabei die Anliegen der Akteure des Schweizer Bildungssystems, insbesondere der Hochschulen und der Studierenden, mitberücksichtigt?
  4. Wie beurteilt der Bundesrat die möglichen negativen Auswirkungen einer Verlängerung der Übergangslösung um weitere drei Jahre auf die internationale Vernetzung des Bildungsstandorts Schweiz?
  5. Wie schätzt er die Risiken ein, die mit einer mehrjährigen Sistierung der Verhandlungen über „Erasmus+“ für die Teilnahme am Nachfolgeprogramm ab 2021 und für den langfristigen Status der Schweiz im europäischen Bildungsraum verbunden sind?